Wie finde ich als Startup das richtige Fördermittel?

Ich werde immer wieder gefragt, wie sich Startups finanzieren sollen, um möglichst gut für
eine Finanzierungsrunde mit Investor aufgestellt zu sein. Neben den inhaltlichen Aspekten
stehen insbesondere frühphasige Startups, die bisher einen Bootstrapping-Ansatz verfolgt
haben, vor dem Dilemma finanzielle Mittel zu benötigen, um etwas vorzeigen zu können,
aber etwas vorzeigen müssen, um eine Finanzierung zu erhalten. Deshalb fällt der Blick
schnell in Richtung Fördermittel als vermeintlich attraktivere Alternative

Fördermittel als süßes Gift?

In den letzten zehn Jahren sind immer mehr Fördermittel bzw. Förderansätze entstanden,
die insbesondere auf Technologie-Startups zugeschnitten sind. Dementsprechend ist es sehr
gut nachvollziehbar, dass es aus Startup-Perspektive schwierig ist, zu entscheiden, welche
Instrumente die richtigen sind. Häufig höre ich dann Formulierungen wie „süßes Gift“, da oft
unterschätzt wird, wie viel Aufwand mit der Beantragung und Abwicklung von Fördermitteln
einher gehen kann. Deshalb möchte ich eine kurze und simple Herangehensweise aufzeigen,
mit der eine Vorauswahl getroffen werden kann, welches Fördermittel für ein Startup in
seiner aktuellen Phase relevant sein kann. Ich nenne es das „Magische Dreieck der
Fördermittel“.

Erste Filter

Hier geht es zunächst darum, eine Vorauswahl zu treffen, die den Zielgruppen-Fokus des
Fördermittelgebers berücksichtigt. Dafür ergibt es Sinn, zuerst die Vergaberichtlinie
durchzuschauen, um Zielgruppe und Zweck besser zu verstehen. Oft finden hier
verschiedenste Einschränkungen hinsichtlich, Regionalität (EU, Bund, Land, etc.),
Branche/Technologie (Life Science, Mobilität, Energie, etc.) oder Finanzierung (Ticketgröße,
Förderquote, vorherige Finanzierungen, Gesellschafterstruktur, etc.) statt.

Das Magische Dreieck

Im zweiten Schritt kommt das Magische Dreieck zum Einsatz. Hier wird ein Trade-off
zwischen Fördervolumen, Bewilligungsquote und Aufwand betrachtet.

Fördervolumen

Hier geht es schlichtweg um die finanziellen Mittel, die durch die Förderung zur Verfügung stehen. Ergänzend muss hier die Förderquote betrachtet werden, da nur die wenigsten Fördermittel über eine Förderquote von 100% verfügen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass großvolumige Fördermittel mit geringer Förderquote für finanzschwache Startups meistens ausscheiden.

Bewilligungsquote

Die Bewilligungsquote gibt an, wie viele der gestellten Anträge tatsächlich bewilligt werden
bzw. wie viele abgelehnt werden. Dieser Wert ist je nach Fördermittel nicht unbedingt
transparent recherchierbar, kann aber beim Förderträger als grobe Abschätzung angefragt
werden. Bewilligungsquoten können zwischen einem niedrigen, einstelligen Prozentbetrag
und nahezu 100% variieren.

Aufwand

Bei der Aufwandsabschätzung wird beleuchtet, wie viel Zeit in die verschiedenen Phasen des
Fördermittelzyklus investiert werden muss. Konkret gemeint ist hierbei das Formulieren des
Antrags, das Einreichen von Verwendungsbelegen und Schreiben eines etwaigen
Abschlussberichts.

Aus der Kombination von Fördervolumen und Bewilligungsquote lässt sich bereits als erste
Indikation ein Erwartungswert ableiten. Hierauf aufbauend kann nun besser im Einzelfall
entschieden werden, ob der Aufwand für den jeweiligen Betrachter im Verhältnis zum Erwartungswert steht oder eben nicht.

Das Dreieck an echten Beispielen

Die beiden folgenden Fördermittel sind gute Beispiele für den Trade-off.

Als Nachfolger des KMU-Instruments Horizon 2020: EIC Accelerator – BayFOR
Bei diesem Förderprogramm handelt es sich um ein großvolumiges Fördermittel aus
europäischen Mitteln, für das ein umfangreiches, 3-stufiges Antragsverfahren durchlaufen werden muss, bei dem der Hauptantrag bis zu 75 Seiten lang sein kann. Die Bewilligungsquote lag im 2021er Durchlauf im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Das Fördermittel lässt sich mit “Alles oder Nichts” beschreiben.

Innovationsgutscheine: Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg
Die Innovationsgutscheine des Landes Baden-Württemberg stellen ein sehr
niedrigschwelliges Förderinstrument dar. Dies zeigt sich in dem kleinen Fördervolumen,
aber auch in der sehr hohen Bewilligungsquote (über 50%, je nach Gutschein) bei sehr
schlankem Antragsverfahren (Onlineantrag). Das Fördermittel lässt sich mit “Einfach
Mitnehmen” beschreiben.

Fazit

Es gibt leider keine Fördermittel, die wie eine „eierlegende Wollmilchsau“ ohne jeglichen
Aufwand und praktisch sicher große Mengen an Kapital zur Verfügung stellen. Deshalb muss
sich ein junges Unternehmen intensiv damit auseinandersetzen, welche Fördermittel für die
jeweilige Phase, in der sich das Unternehmen befindet, in Frage kommen. Durch eine
geschickte Vorauswahl entlang der oben vorstellten Herangehensweise, kann die
Unsicherheit im Umgang mit Fördermitteln deutlich reduziert werden.

Dieser Artikel ist von
Martin Cremer
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